Leben nach der Haft: Gesprächsgruppe für Väter mit Hafterfahrung

Am 9. August 2023 startet in Nürnberg eine Gesprächsgruppe für Väter mit Hafterfahrung. In der Gruppe haben die ehemals inhaftierten Väter die Möglichkeit, sich auszutauschen, Probleme im Umgang mit Haft und Vaterschaft zu besprechen und die Rolle als Vater nach der Haft weiter zu entwickeln. Initiiert wurde die Gruppe von der Landesfachstelle Netzwerk Kinder von Inhaftierten Bayern, durchgeführt wird sie vom Treffpunkt e.V. Die Gesprächsgruppe findet jeden 2. Mittwoch im Monat von 18-20 Uhr im Treffpunkt e.V. und online statt. Um eine Anmeldung wird gebeten. 

Eine Inhaftierung betrifft nicht nur die Inhaftierten selbst, sondern das gesamte soziale Umfeld. Während der Haftzeit ist der Vater-Kind-Kontakt stark eingeschränkt. Nach der Entlassung hat sich der Alltag in der Regel grundlegend verändert. Das ist für die Väter, Mütter und Kinder eine große Herausforderung. Die Familie muss sich neu finden.

In der Gesprächsgruppe haben die ehemals inhaftierten Väter Raum, um sich mit anderen Betroffenen mit ihren Erfahrungen während und nach der Haft als Eltern auseinanderzusetzen, sich gegenseitig in ihrer Rolle als Vater zu stärken, aktuelle sowie potentielle Probleme zu erkennen und gemeinsam Lösungen zu finden – immer mit dem Ziel, die Beziehung und Bindung zu ihren Kindern zu stärken.

Bedeutung von Familie für Resozialisierung

Die Familie ist einer der wichtigsten Faktoren für eine gelingende Resozialisierung. Untersuchungen zeigen, wie wichtig positive soziale Bindungen für eine Neuorientierung und persönliche Entwicklung sind. Daher sind Angebote zur Aufrechterhaltung sozialer und familiärer Bindungen während der Haftzeit von großer Bedeutung. Insbesondere die Verantwortung der Inhaftierten gegenüber ihren Kindern erfordert viel Engagement und Feinfühligkeit für eine gemeinsame Zukunft. Dabei geht es vielfach nicht um ein „weiter so“, sondern ein „künftig besser“.

Kinder von Inhaftierten

Die Inhaftierung eines Elternteils verändert das Familienleben grundlegend. Ein Elternteil ist unvermittelt alleinerziehend, für alles allein verantwortlich und AnsprechpartnerIn für nahezu sämtliche Themen. Die Kinder verlieren nicht nur den inhaftierten Elternteil, sondern erleben häufig den nicht-inhaftierten Elternteil als überfordert. Dieser muss die Existenz sichern und kämpft mit seinen eigenen Emotionen. Die Bedürfnisse des Kindes können dadurch auf der Strecke bleiben und das so notwendige, stabile familiäre Umfeld wird brüchig.

Schätzungen zufolge sind in Bayern jährlich 14.000 Kinder von der Inhaftierung eines Elternteils betroffen, deutschlandweit sind es 100.000 Kinder. Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass unter den betroffenen Kindern mehr als zwei Drittel unter negativen psychischen und physischen Folgen leiden.

Um negative Auswirkungen zu minimieren, hat Anfang 2023 die Landesfachstelle Bayern vom Netzwerk KvI ihre Arbeit aufgenommen. Ziel ist die Sicherung der bestmöglichen Entwicklung von Kindern Inhaftierter.

Hintergrundinformationen

Das Strukturprojekt findet in Kooperation mit dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz und dem Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales statt.

Die Landesfachstelle „Netzwerk Kinder von Inhaftierten Bayern“ wird von der Auridis Stiftung gefördert.