Was macht ein Zebra im Gefängnis? Neugestaltung der Besucherräume der JVA Nürnberg

Die Justizvollzugsanstalt Nürnberg hat die Besucherräume der Frauen- und Männeranstalt neu gestaltet, um für die Besuche von Kindern und Jugendlichen eine angenehmere Atmosphäre zu schaffen. Damit setzt die JVA Nürnberg eine der Empfehlungen des Europarates zum Thema „Kinder von Inhaftierten“ um. Initiiert wurde die Aktion von der Landesfachstelle Netzwerk Kinder von Inhaftierten Bayern. Die Kosten für die Wandtattoos wurden vom Gefangenenfürsorgeverein der JVA übernommen.

Die Wand der Besuchsräume der Frauen- und Männeranstalt wird nun von dem Zebra Juki, dem Maskottchen des Treffpunkt e.V., in Form eines großen Wandtattoos geziert. Für die Untersuchungshaftanstalt ist ebenfalls ein Juki-Wandtattoo geplant. Das freundliche Zebra wertet den Kinderbereich auf spielerische Weise auf und heißt die Kinder willkommen. So werden die Kinder von der JVA-Umgebung abgelenkt, die Nervosität wird verringert.

Hufspuren als Wegweiser

Ergänzend zu dem Wandtattoo wurden in der Mütter-Gesprächsgruppe sowie von den Vätern der Vater-Kind-Gruppe Hufabdrücke gefertigt – beide Gruppen werden vom Treffpunkt e.V. in der JVA durchgeführt. Die Hufabdrücke wurden als Wegweiser in der Frauenanstalt auf dem Boden angebracht und führen direkt in den Besucherraum. Auch in der Männeranstalt werden die Hufabdrücke in Kürze ergänzt. Diese spielerische Form der Orientierung soll den betroffenen Kindern Unsicherheit und Anspannung nehmen, die oft mit dem Besuch des inhaftierten Elternteils in der JVA einhergehen.

Die Neugestaltung verzeichnet nicht nur bei den Besuchern eine positive Resonanz: So erkundigte sich beispielsweise ein Besucher, ob die JVA neuerdings eine Reiterstaffel besäße. Es kam aber auch schon die Frage auf, ob denn um die Ecke ein Einhorn zu erwarten sei.

Empfehlung des Europarates zum Thema „Kinder von Inhaftierten“

Der Ministerrat des Europarates hat am 4. April 2018 die Empfehlung zu Kindern inhaftierter Eltern (Recommendation CM/ Rec(2018)5) verabschiedet und stärkt damit die Rechte von Kindern inhaftierter Eltern.

Das Ministerkomitee des Europarats macht damit klar, dass Kinder mit inhaftierten Eltern die gleichen Rechte wie andere Kinder haben; auch ein regelmäßiger Kontakt zu ihren Eltern ist wichtig. Die ausgesprochene Empfehlung umfasst verschiedene Themengebiete wie Besuche:

„In den Warte- und Besuchsräumen der Justizvollzugsanstalten ist ein speziell für Kinder vorgesehener Bereich (mit Flaschenwärmer, Wickeltisch, Spielzeug, Büchern, Malsachen, Spielen etc.) zur Verfügung zu stellen, in dem sich Kinder sicher, willkommen und respektiert fühlen können. Für Besuche in der Justizvollzugsanstalt ist ein Umfeld zu schaffen, das dem Spielen und der Interaktion mit dem Elternteil förderlich ist.“ (Empfehlung CM/Rec(2018)5)

Die JVA Nürnberg verwirklicht mit dieser Maßnahme eine der Empfehlungen des Europarates zum Thema „Kinder von Inhaftierten“.

Kinder von Inhaftierten

Die Inhaftierung eines Elternteils verändert das Familienleben grundlegend. Ein Elternteil ist unvermittelt alleinerziehend, für alles allein verantwortlich und AnsprechpartnerIn für nahezu sämtliche Themen. Die Kinder verlieren nicht nur den inhaftierten Elternteil, sondern erleben häufig den nicht-inhaftierten Elternteil als überfordert. Dieser muss die Existenz sichern und kämpft mit seinen eigenen Emotionen. Die Bedürfnisse des Kindes können dadurch auf der Strecke bleiben und das so notwendige, stabile familiäre Umfeld wird brüchig.

Schätzungen zufolge sind in Bayern jährlich 14.000 Kinder von der Inhaftierung eines Elternteils betroffen, deutschlandweit sind es 100.000 Kinder. Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass unter den betroffenen Kindern mehr als zwei Drittel unter negativen psychischen und physischen Folgen leiden.

Um negative Auswirkungen zu minimieren, hat Anfang 2023 die Landesfachstelle Bayern vom Netzwerk KvI ihre Arbeit aufgenommen. Ziel ist die Sicherung der bestmöglichen Entwicklung von Kindern Inhaftierter.

Hintergrundinformationen

Das Strukturprojekt findet in Kooperation mit dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz und dem Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales statt.

Die Landesfachstelle „Netzwerk Kinder von Inhaftierten Bayern“ wird von der Auridis Stiftung gefördert.