Ein Interview mit Rechtsanwalt und Beiratsmitglied Dr. Albert
Wenn ein Elternteil inhaftiert wird, sind es oft die Kinder, die am meisten unter der Situation leiden – emotional, sozial und strukturell. Dabei geraten sie häufig aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit. Unser Projekt „Kinder von Inhaftierten“ setzt genau hier an und will den Kontakt zwischen inhaftierten Eltern und ihren Kindern stärken. Ein engagierter Beirat begleitet das Projekt, bringt Expertise ein und fördert die öffentliche Wahrnehmung. Wir haben mit Dr. Jahn-Rüdiger Albert gesprochen – ein Jurist, der sich im Beirat engagiert – über seine Beweggründe, die Bedeutung familienorientierter Angebote in Justizvollzugsanstalten (JVA) und den Handlungsbedarf in Politik und Gesellschaft.
Herr Albert, Warum engagieren Sie sich persönlich im Beirat des Projektes „Kinder von Inhaftierten“?
Ich bin beruflich auf das Thema gestoßen und habe festgestellt, wie wenig Informationen es dazu gibt. Das hat mich sehr nachdenklich gemacht. Im Beirat kann ich helfen, dieses wichtige Thema sichtbar zu machen und zur Multiplikation des Wissens beizutragen. Ich möchte die Perspektive einbringen, an welchen Stellen es noch hakt – sei es in der Praxis oder auf struktureller Ebene. Und vor allem bin ich davon überzeugt, dass es enorm wichtig ist, den Kontakt zwischen inhaftierten Eltern und ihren Kindern auch während der Haft aufrechtzuerhalten.
Wie wichtig sind aus Ihrer Sicht familienorientierte Angebote in JVAen?
Sie sind von zentraler Bedeutung. Nur wenn das Familienband erhalten bleibt, kann Resozialisierung wirklich gelingen. Der Weg zurück in ein straffreies Leben wird massiv erschwert, wenn Inhaftierte keinen Kontakt zu ihren Angehörigen – insbesondere zu ihren Kindern – haben. Der familiäre Rückhalt ist ein entscheidender Stabilitätsfaktor für die Zukunft.
Was wünschen Sie sich von Politik und Gesellschaft im Umgang mit Kindern von Inhaftierten?
Ich wünsche mir, dass Politik und Gesellschaft anerkennen, dass Bindungen durch eine Inhaftierung nicht einfach ignoriert oder sogar zerstört werden dürfen. Wir brauchen finanzielle und räumliche Ressourcen, damit der Kontakt zwischen Eltern und Kindern möglich bleibt.
Strafvollzug sollte nicht als bloßes Wegsperren betrachtet werden, sondern als Chance, Voraussetzungen für ein straffreies Leben in sozialer Verantwortung zu schaffen.
Was ist aus Ihrer Sicht die größte Lücke in der gesellschaftlichen Wahrnehmung des Themas?
Viele Menschen glauben, dass es keinen Schaden anrichtet, wenn man Familienbeziehungen im Strafvollzug vernachlässigt. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Der Kontakt zu den Eltern ist elementar für die gesunde Entwicklung eines Kindes. Gleichzeitig muss der inhaftierte Elternteil lernen, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen. Beides kann nur funktionieren, wenn der Kontakt nicht abbricht.
Welche Rolle spielt der Beirat für das Projekt und welchen Beitrag leisten Sie als Jurist?
Der Beirat ist ein Gremium, in dem unterschiedliche berufliche Perspektiven zusammenkommen. Diese Vielfalt macht ihn so wertvoll. Wir bündeln Informationen, geben Impulse weiter und bringen verschiedene Blickwinkel ein – das fördert den Austausch und stärkt das Projekt auf vielen Ebenen. Als Jurist kann ich dabei helfen, rechtliche Rahmenbedingungen verständlich zu machen und auf notwendige Veränderungen hinzuweisen.
Wie hat sich die Situation von Kindern von Inhaftierten seit dem Start des Projekts verändert?
Es ist deutlich zu spüren, dass das Projekt Spuren hinterlassen hat. In mehreren JVAen wurden neue Angebote geschaffen, die nun zunehmend wahrgenommen und auch aktiv angefragt werden – sowohl von inhaftierten Eltern als auch von Mitarbeitenden der Anstalten. Das Thema bekommt endlich mehr Sichtbarkeit, und es wird Schritt für Schritt ein Bewusstsein dafür geschaffen, wie wichtig der Eltern-Kind-Kontakt auch im Strafvollzug ist.
Vielen Dank für das Interview Dr. Albert!
Fazit: Familienkontakte als Schlüssel zur Resozialisierung und kindlichem Wohlergehen
Der Kontakt zwischen inhaftierten Eltern und ihren Kindern darf nicht als „Problem“ gesehen werden – sondern als Chance: für kindliche Entwicklung, familiäre Bindung und erfolgreiche Resozialisierung. Das Projekt „Kinder von Inhaftierten“ zeigt, wie viel durch gezielte Maßnahmen bewegt werden kann. Doch es braucht weiterhin Engagement, Austausch und die Bereitschaft, bestehende Strukturen kritisch zu hinterfragen – in der Justiz, der Politik und der Gesellschaft.






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